Gibt es so etwas wie eine klassische Gründerpersönlichkeit? Ja und Nein. Schaut man sich das Persönlichkeitsprofil einer großen Anzahl von Gründer:innen an, finden sich klare Muster, die darauf hindeuten, dass bestimmte Ausprägungen der Persönlichkeit das Gründen eines Unternehmens wahrscheinlicher werden lassen und dann auch bei der erfolgreichen Unternehmensführung eine Rolle spielen.
Auf der anderen Seite muss natürlich klar sein, dass Sie mit sehr unterschiedlichen Persönlichkeitsprofilen erfolgreiche Gründer:in sein und werden können. Manche Merkmale helfen Ihnen dabei einfach etwas mehr als andere. Daher ist es absolut sinnvoll, sich vor oder während einer Gründung mit dem Thema Persönlichkeit auseinanderzusetzen und zum Beispiel die Bereiche der eigenen Persönlichkeit zu identifizieren, die das Gründen eher erschweren könnten. So wird es möglich, hier (am besten gemeinsam mit einem erfahrenen Coach) proaktiv gegenzusteuern.
Die Motive – Warum gründen?
Für eine Gründung sind alle Bereiche der Persönlichkeit relevant. Daher lohnt sich ein differenzierter Blick auf die verschiedenen Teile des Persönlichkeitsprofils. Zunächst kommen hier die Motive ins Spiel. Sie geben unserem Handeln eine Richtung und klären die Frage, was und warum wir etwas tun. In diesem Fall lautet die Frage: „Warum möchte ich eigentlich gründen?“. Die Antwort auf diese Frage fällt je nach Gründer:in sehr unterschiedlich aus. Mögliche Antworten inklusive der zugehörigen Motive sind zum Beispiel:
- Weil ich kein Mittläufer sein möchte, sondern wirklich etwas bewegen will (Einflussmotiv)
- Weil ich selbst entscheiden möchte, wie ich die Dinge angehe (Unabhängigkeitsmotiv)
- Weil ich einen echten Beitrag für eine nachhaltigere Wirtschaft leisten möchte (Wertmotiv)
- Weil ich weiß, dass ich es besser machen kann als die Mitbewerber:innen (Leistungsmotiv)
Das Wissen darüber, welche Motive hinter der eigenen Gründung stehen (es ist stets eine Kombination mehrerer Motive), liefert wertvolle Hinweise etwa bei einem Motivationsverlust oder Unzufriedenheit mit dem Fortgang der Gründung.
Die Charaktereigenschaften – Wie gründen?
Neben den Motiven sind die Charaktereigenschaften ein Kernelement des Persönlichkeitsprofils von Gründer:innen. Sie repräsentieren die persönlichen Stile, zum Beispiel den individuellen Arbeits-, Kommunikations- oder Führungsstil. Schaut man sich die Profile von Gründer:innen in empirischen Studien an, fallen bestimmte Muster auf (ausgedrückt durch hohe Werte in einzelnen BIG-FIVE-Dimensionen):
- Eine überdurchschnittliche emotionale Stabilität mit hohen Ausprägungen der Facetten Stressresistenz, niedriges Anspannungsniveau und Stabilität der Stimmungslage
- Hohe Werte im Bereich Gewissenhaftigkeit, vor allem in den Facetten Kompetenzwahrnehmung, Leistungsorientierung und Kontrollorientierung
- Überdurchschnittliche Ausprägungen der Extraversionsfacetten soziale Offenheit, Außenorientierung und Dominanz
Durch das Wissen zum eigenen Profil im Bereich der Charaktereigenschaften lässt sich die Frage klären, wie der persönliche Ansatz zur Umsetzung einer Selbstständigkeit aussieht und welche Verhaltensmuster man entwickelt, um diese zu einem Erfolg werden zu lassen. Auch die Art und Weise, wie wir auf Probleme und Rückschläge im Zuge der Gründung reagieren, wird durch die Charaktereigenschaften beeinflusst (sogenannte Coping-Stile).
Die Kompetenzen – Wie gut gründen?
Der dritte Bereich der Persönlichkeit, der im Rahmen einer Gründung von Bedeutung ist, sind die Kompetenzen. Hier geht es um die Leistungsfähigkeit der Gründer:innen in verschiedenen Bereichen. Gründer:innen zeigen klassischerweise hohe Ausprägungen in folgenden Kompetenzen:
- Eigeninitiative
- Innovation
- Netzwerken
- Zielstrebigkeit
- Planen
- Sicheres Auftreten
Da Kompetenzen zum Beispiel mittels spezifischer Trainings und Seminare zielgerichtet auf- und ausgebaut werden können, zahlt es sich für Gründer:innen auf jeden Fall aus, das eigene Kompetenzprofil zu kennen.
Die hier dargestellten drei Bereiche der Persönlichkeit lassen sich zu einem Persönlichkeitsprofil verbinden, das es Gründer:innen ermöglicht, die eigene Persönlichkeit mit diesem Profil abzugleichen und Bereiche zu identifizieren, in denen noch Entwicklungspotenziale bestehen. Dies geschieht optimalerweise unter Zuhilfenahme fundierter diagnostischer Instrumente und in Zusammenarbeit mit einem professionellen Coach, der oder die auf das Thema Gründung spezialisiert sein sollte.
Ihr
Dr. Ronald Franke
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